Tolle Figur!

Ebay macht´s möglich: Wer regelmäßig stöbert, findet manches aus Kindertagen, das er längst vergessen hatte. "Ja, das Ding hatte ich doch auch!" So bin ich an meine Indianerfiguren aus den 60ern geraten, die mit dem Schriftzug "W.Germany" unter der Bodenplatte. Eine einzige Originalfigur besitze ich noch. Es ist eine cremefarbene aus der ersten Produktion. Spätere Serien hatten schrille Farben und neure Figurenformen - die mit dem Lendenschurz - wirkten sehr ungelenk. Gerade der ersten Reihe haftet ein besonderes Flair an. Sie wirken recht natürlich und die oft "abgespielte" Oberfläche hinterläßt Farbreste in den Vertiefungen, die den Kriegern markante Gesichtszüge gibt.

Die Figuren stammten von der Firma Jean Höfler, die heute noch existiert und von Zeit zu Zeit auch wieder die Figuren auf den Markt bringt. Aus ihr ist die erfolgreiche Firma BIG hervorgegangen (die mit dem Bobby-Car). Daneben gab es unzählige andere Hersteller, oft waren die Figuren von minderer Qualität. Allen gemeinsam war, dass sie etwas flach wirkten, denn sie wurden aus zweiteiligen Gußformen hergestellt. Höfler hat dies geschickt durch wohlüberlegte Körperhaltungen kaschiert. Hochwertige Figuren wie die Marke Elastolin der Firma Hauser (heute Preiser, vornehmlicher Figurenlieferant für den Eisenbahnmodellbau), setzten die Figuren aus mehreren Einzelteilen zusammen. Es handelte sich um handbemalte Hartplastik-Figuren, die sich leicht kleben ließen und die Farbe leicht annahmen, aber auch einen stolzen Preis hatten.

Figuren sind heute noch ein aktuelles Hobby, insbesondere Sammlerfiguren. Sie sind sehr aufwendig und detailiert gearbeitet und halten sich an einheitliche Maßstäbe. Unzählige Sets von Soldaten verschiedenster Epochen sind auf dem Markt und auch sehr viele zivile Figuren in den Maßstäben 1:72 und 1:32. Diese Figuren werden oft im Dioramenbau verwendet, einem verbreiteten Modellbauzweig. Ein weiteres Feld stellen die "Wargamer" dar, die nach bestimmten Regeln mit Figuren Strategiespiele spielen. Die Themen entstammen der Mystery- und Science-fiction-Thematik.


Als Steinzeit-Freak vermisse ich allerdings diese Epoche vollkommen. Einige wenige Sets gibts´s in 1:72 und die neuen, stets etwas wohlgenährten Figurenserien von Bully, Schleich und Papo bieten wenige Einzelfiguren.

Deshalb habe ich mich einem Modellbauzweig zugewendet, der wenig verbreitet ist: dem Umbau von Figuren. So entsteht aus Jean Höflers Indianern eine ganze Horde Cro-Magnon-Menschen. Die Weichplastikfiguren haben einige Vorteile: Sie sind billig, lassen sich mit scharfen Schnitzwerkzeugen gut bearbeiten und das Material entspricht nahezu dem Heißkleber, der in jedem Baumarkt erhältlich ist. Die Figuren lassen sich unter Hitzeeinwirkung verformen, die Oberfläche mit einem Brandmalgerät strukturieren. Abgeschnittene Köpfe und Arme kann man mit dem Schmelzkleber neu montieren oder Heißkleber zum Aufbau von Haarschöpfen, Wolfsmützen oder Fellumhängen aufspritzen.

Einige Qualitätsmerkmale sollen die fertigen Umbauten aufweisen. So müssen die Körperhaltungen natürlich und räumlich wirken, was durch die zweiteiligen Spritzformen der Originale oft nicht gegeben ist. Die Größenrelationen  und die Gesetze der Physik sollten stimmen. Die viel zu dicken, welligen Bogensehnen werden beispielsweise durch feinste, gerade  Stahlnadeln ersetzt. Möglichst möchte ich aber nur das Originalmaterial einsetzen und den Gesamtcharakter der ursprünglichen Figurenserie bewahren. In diesem Sinne wurden obige Figuren zu steinzeitlichen Stein - und Speerschleuderern umgestaltet. Figuren mit Speerschleudern (Atlatl) gibt es überhaupt nur eine von Schleich, Steinschleuderer überhaupt nicht.



Schwieriger ist für mich der Umbau und das Bemalen von Figuren im Maßstab 1:72, ganze 2 cm hoch. Die Hand ist nicht mehr ganz so ruhig und insbesondere das Auge hat trotz Lesebrille Probleme mit den Winzlingen. Hier eine Gruppe von Atlatl-Werfern beim Training, basierend auf Indianerfiguren von Italeri.




Sternenhimmel

Es gibt zwei Themen, vor denen ich mich immer gescheut habe, obwohl sie mich eigentlich sehr interessieren. Mineralien (weil mich die Sammelleidenschaft packen und dies in der unmittelbaren Nähe der Edelsteinstadt Idar-Oberstein in einem finanziellen Desaster enden würde) und Kosmologie, weil alles daran so unendlich, unvorstellbar, unbegreiflich und unerreichbar ist. "Erdgebundene Astronomie" nenne ich das, womit ich mich noch beschäftigten kann und mag. Ich schaue gern in den Sternenhimmel und suche die mir bekannten Sternbilder. Mir reicht das Wissen um die Hintergründe ihrer scheinbaren Bewegungen. Zum besseren Verständnis sind Sternenkarten eine große Hilfe. Nachfolgend seht ihr den aktuellen Sternenhimmel vor unserer Haustür.


aktueller Sternenhimmel über Saarbrücken
Sternenkarte von AstroViewer®
HTML-Code für diese Sternenkarte




Wer mehr über die astrnomischen Grundlagen wissen möchte, sollte sich einer animierten Sternenkarte bedienen. Eine sehr einfache findet ihr hier:


Bitte aktivieren Sie JAVATM, um die Mini-AstroViewer-Sternenkarte zu benutzen.


Ein sehr schönes Programm ist FlashSkies! Wer es aufruft, wird zunächst nur die Sonne über dem Horizont sehen, weil es vielleicht gerade Tag ist. Trotzdem kann man die Linien der Sternbilder mit dem entsprechenden Schalter aufrufen, ebenso wie die aktuellen Monddaten und vieles mehr. Einfach mal ausprobieren und Knöpfchen drücken.

Tiere kommen mir nicht ins Haus!


Das war einmal ganz anders. Schon als Jugendlicher habe ich mich für einheimische Schlangen begeistern können. Noch heute sehe ich die erste große Ringelnatter vor mir, die ich mit Freund Thomas aufgespürt hatte und höre auch noch sehr deutlich den Kommentar meiner Mutter, als wir mit dem "Stinkbolzen" (Ringelnattern haben Duftdrüsen) im Sack zuhause ankamen. Die erste eigene Wohnung habe ich mit einer amerikanischen Strumpfbandnatter bezogen und halte seit dieser Zeit einheimische Schlangen. Lange Jahre hatte ich Aquarien und Terrarien in Betrieb mit den unterschiedlichsten Bewohnern: Südamerikanische Welse und Süßwassergarnelen, Krebse und Landkrabben, Echsen und Schildkröten, Gespenstheuschrecken  und Riesentausendfüßler, Vogelspinnen und Fauchschaben ...  Hund und Katze, Hase und Meerschwein, Chinchilla und Iltis - natürlich gehörten auch "familientaugliche" Tiere zu unserem Haushalt.

1991 erhielt ich einen Pappkarton mit einem verletzten Uhu (Förstern passiert sowas schon mal!). Uhus waren damals noch selten, das Ganze also eine Story für die Zeitung. Der Artikel war der Beginn einer 17jährigen Geschichte: dem Uhu folgten vier junge Turmfalken und die ersten Schulklassen, die die Pfleglinge besichtigen wollten. Dies war der Zündfunke für mein Engagement im Naturschutz und in der Umweltbildung. Über die Jahre haben wir unzählige Tiere in Pflege genommen. Mit allen sind schöne und traurige Erlebnisse verbunden, keines davon möchten wir missen. Und für unsere Töchter war es sicher eine prägende Zeit. Sie wurden mit zahmen Füchsen und Rehen, mit Geiern und Falken, Fledermäusen und Wildkatzen groß, gaben Mardern die Flasche und hielten Habichte auf der Hand. Mauerselgler hatten grunsätzlich ihren Platz im Schuhkarton neben dem Fernseher, und die Eichhörnchen hielten ihren Mittagsschlaf unter dem Pulli auf dem Bauch, der gerade frei war. Unser erster Uhu - 20 pflegten wir insgesamt -  konnte nicht wieder ausgewildert werden und lebte 16 Jahre in unserer Großraumvoliere. Länger haben es bei mir nur Frau und Töchter, unsere sprechende Hügelatzel (so die deutsche Bezeichnung für den Beo) und ein amerikanischer Schilderwels ausgehalten.

Aber alles hat seine Zeit. Beruf und Freizeitanspruch lassen die zeitintensive Tieraufzucht nicht mehr zu. Einen letzten Gast hatten wir in diesem Jahr noch und damit ging ein langjähriger Traum in Erfüllung. Ein halbes Jahr mit einem heranwachsenden Dachs zu verbringen, war ein ganz besonderes Erlebnis. Er war zahm und anhänglich, dabei wild und eigensinnig, unglaublich gefräßig  und absolut respektlos. Er hat die Freiheit gewählt und wir wären auch alle sehr traurig, wenn er nicht angefangen hätte, so große Löcher zu graben und so schlecht zu riechen.

Ich hätte es ihm sagen können...

Er hatte die Designer-Sonnenbrille abgenommen und - mehr zur Dame in seinem Schlepptau als zu mir - milde lächelnd eine Bemerkung zu meinen "Spielzeugen" gemacht. Bumerangs sind nun mal nicht unbedingt was für echte Männer. Er habe seinem Sohn auch einen gekauft, aber das Ding sei nie zurückgekommen. "Liegt am Werfer!" (Solche Leute machen mich wortkarg!) Zwischzeitlich warf ich einen "Hook" souverän "hand to hand", fing ihn auf und hielt ihn dem Typen wortlos für einen Probewurf hin, was er auch mit sportlichem Schwung versuchte. Allein der Bumerang spielte nicht mit. Nicht nur, dass er nicht zurückkehrte, nein! Er wollte erst garnicht weg und fiel nach wenigen Metern trudelnd zu Boden - auch im zweiten und dritten Versuch. Kleinlaut schob der Typ die Sonnenbrille zurecht und setzte seinen Spaziergang fort.

Ich hätte ihm natürlich sagen können, dass er als Linkshänder auch einen Linkshänderbumerang braucht!


Bumerangs


Bumerangs sind ein "Nebenprodukt" einer uralten Jagdwaffe. Schon früh hatte der Urmensch erkannt, dass sich ein gekrümmter Stock besser werfen lässt. Breit und abgeflacht, segelt er sogar noch weiter, als ein runder Knüppel. Diese Wurfhölzer wurden weltweit zur Jagd auf Kleintiere verwendet und es ist leicht vorstellbar, dass sich diese Hölzer bei Feuchtigkeit verziehen. Dies führt unter günstigen Umständen dazu, dass das Wurfholz die geradlinige Flugbahn verlässt und in die Kurve geht: der erste Schritt auf dem Weg zum "Rückkehr-Holz".

Heute baut man Bumerangs aus hochwertigem Birkensperrholz oder geeignetem Kunststoff in hunderten von verschiedenen Designs mit ganz unterschiedlichen Flugeigenschaften, manchmal auch aus zusammengeleimten Vollholzstücken (Lapjoints). Hat man das Prinzip verstanden, ist der Bau nach eigenen  Entwürfen problemlos. Allerdings lassen sich die Flugeigenschaften nicht vorab berechnen, Bumerangbau funktioniert nach "Try and Error", ausprobieren und weiterraspeln. Die Wurftechnik will allerdings gelernt sein. Neben der Auswahl des richtigen Bumerangs für die gewünschte Flugbahn und den vorherrschenden Wind sind Vertikal- und Horizontalwinkel, Neigungswinkel, Wurfkraft und insbesondere der mitgegebene "Spin", die Rotationsgeschwindigkeit, maßgebende Faktoren.

Natural Elbows


Eine weit größere Herausforderung sind Bumerangs aus natürlich gekrümmten Hölzern. Die wechselnden, oft suboptimalen Vorrausetzugnen verlangen dem Bumerangbauer weit mehr Verständnis für die physikalischen Gesetze des Bumerangflugs ab. Ich habe mich diesen Natural Elbows verschrieben und freue mich jedesmal, wenn ein optisch schöner Vollholzbumerang auch noch akkurat fliegt. Allerdings muss man auch mit Frustationen umzugehen wissen! Manche Hölzer wollen einfach nicht, weil alle Voraussetzungen grenzwertig sind.


Kylies


Als Kylies bezeichnet man die Weiterentwicklung der "Rabbit-Sticks", der ursprünglichen Jagdhölzer: relativ schwere, großflächige Teile in oft asymmetrischen Haken-, T- oder Tropfenformen. Richtig gebaut segeln sie eindrucksvoll in einer flachen, schüsselförmigen Flugbahn weit über den Boden. Da auch hier bestimmte Gesetze der Bumerangphysik wirken, aber ein möglichst gerader Flug erwünscht ist, ist der Bau von Kylies schwieriger als der Bumerangbau. Das gezielte Werfen auf 40 oder 50 Meter flach über den Boden empfinde ich als faszinierende Herausforderung.

Ich werfe aber nicht nur mit Kylies und Bumerangs, sondern habe auch mit den Nachbauten von "Apachenkreuzen", afrikanischen Wurfhölzer und Wurfeisen experimentiert, alles primitive Kriegswaffen. Letzteres ist eine der übelsten Wurfwaffen überhaupt: Trifft sie, verursacht sie zwangsläufig große und tiefe Wunden.


Hier einige afrikanische Wurfeisen aus dem Britischen Museum:

Vor dem Knall

Lange bevor der Knall des ersten  Gewehrschusses zu hören war, hatte der Mensch effektive Mittel und Wege ersonnen, seiner Jagdbeute - oder seinem Mitmenschen - aus sicherer Distanz den Garaus zu machen. Es erstaunt - und erschreckt - noch heute, wie wirkungsvoll selbst die primitivsten Waffen sein können. Stock und Stein haben seit frühster Urzeit eine tödliche Verschärfung und Beschleunigung erfahren.

Steinschleuder
Relativ früh kam der Urmensch zur Erkenntnis, dass sich Wurfgeschosse mit langen Armen weiter werfen lassen. Daraus resultieren starre und flexible Wurfarmverlängerungen bei Speer- und Steinschleudern.

Die Steinschleuder ist dabei sicher die einfachste, ursprünglichste und tödlichste Waffe. Aus zwei Schnüren und einem Fetzen Leder ist sie in wenigen Minuten gebaut, die Munition liegt überall am Straßenrand. Und sie passt in die Hosentasche. Es ist gleichzeitig für den Werfer in der Übungsphase ein sehr gefährliches Gerät, mit kaum einer anderen Waffe kann man sich so schöne Blutergüsse zufügen.

Ein etwa 60 Gramm schwerer Kieselstein - mein Standardgeschoss - erreicht Flugweiten von 200 Metern und mehr. Geschwindigkeit und Auftreffenergie sind auf kürzere Distanz enorm. Die Römer verwendeten Bleigeschosse von mehr als 200 Gramm, denen weder Helm noch Schild Stand hielten. Man muss diese Waffe wirklich fürchten, nicht ohne Grund wurde sie von David gegen Goliath - und wird heute noch von den Palästinensern gegen die israelische Ordnungsmacht eingesetzt.

Die Ungenauigkeit setzt der "Sling" als Jagdwaffe Grenzen, bestenfalls in dichten Vogelschwärmen kann man damit etwas ausrichten. Und auch für historische Heere war sie wenig geeignet, die Krieger mussten zu lange mit dieser Waffe trainieren, um sie zielsicher einsetzen zu können. Die Steinschleuder ist die Waffe der Viehhirten, die viel Zeit zum Üben haben und wenig mit sich herumschleppen können. Und natürlich die der Guerillas: klein, handlich und brutal.

Resultierend aus der fast weltweiten Verbreitung der Steinschleuder gibt es unterschiedliche Wurfstile: Vorhand, Rückhand, Overhead, 5/4-über-Kreuz, Apachen- und Comanchen-Release, griechisch .... Ich selbst werfe im byzantinischen Stil. (Das war zwar nicht geplant, klingt aber klasse!) Heute gibt es eine kleine deutsche Werfer-Clique, resultierend aus der LARP- und Mittelalterszene. Auf den Balearen hat sich aus der Tradition des Steineschleuderns vor einigen Jahren sogar eine Wettkampfsportart (Tir de Fona) entwickelt.

Es gibt weitere Schleudertypen:
Die Stabschleuder (Fustibal). Hierbei befindet sich die Schleuder an einem Stock. Das Werfen ist einfacher zu erlernen, aber weniger zielgenau. Allerdings lassen sich mit der Stabschleuder sehr gut Brandsätze werfen. Ein simples System ist die Perdida: Ein Stein wird mitsamt der daran befestigten Schnur geworfen. Eher in den Bereich Spielzeug gehört die Rohrschleuder. Hierbei wird aus einem halbierten Bambusrohr eine Tonkugel abgeschossen.  In Asien vertreiben Kinder damit die Vögel aus den Reisfeldern. Ich kenne allerdings einige Kinder, die das Ganze mit abgesägten 6-Zoll-Nägeln und Stahlkugeln versucht haben. Hat funktioniert!

Hier gibt's weitere Infos:

Auf Reisen


Keine Angst, hier folgen jetzt nicht endlose Strandfotos. Unter Reisen verstehe ich etwas, bei dem man in mehr oder minder großer Entfernung von zu Hause ständig den Standpunkt wechselt -körperlich und geistig.



Ganz am Anfang standen Reisen in Europa. Eine Bundeswehrübung brachte mich als 18jähriger nach Kreta in eine für mich damals recht fremde Welt. An einem freien Wochenende machten wir mit einigen Kameraden eine Tour durch die Samaria-Schlucht, verbunden mit einem nächtlichen Trinkgelage im kleinen Fischerdorf Chora Sfakion und einer wirklich unvergesslichen und nicht enden wollenden Rückfahrt mit dem klapprigen Linienbus in der brütenden Mittagshitze - mit bleiernem Kopf und entleertem Magen. Zum ersten mal in meinem Leben hatte ich so exotische Dinge wie Pistazien, Okraschoten oder Octopus  gegessen.

Es folgten Interrail-Reisen durch Skandinavien zu einer einsamen, unvergesslichen Kanutour auf dem Femundsee, einem Trip zum Polarkreis, zu den Vogelbrutinseln von Roest, zum Angeln in den Seen Finnlands und zu einer Begenung mit Moschusochsen und Rentieren im Dovrefjell in Mittelnorwegen.

Eine Autotour mit Freund P. durch das damalige Jugoslawien brachte uns in die spektakuläre Seenlandschaft von Plitvice, zum Schnorcheln auf die Insel Rab und zum Schlangenfang ins kroatische Hinterland. Von der Unterwasserlandschaft des Mittelmeeres war ich so begeistert, dass schon während der Reise klar war: Ich will  irgendwann in einem Korallenriff tauchen.


Malediven 1982

Die Malediven waren Anfang der Achtziger noch nicht TUI-tauglich. Wer wirklich auf eine Taucherinsel wollte, musste über Spezialreiseveranstalter buchen. Ein neues Angebot von SubAqua begeistere mich sofort: Urlaub auf einer Einheimischen-Insel. Alles war gebucht, da kommt ein Anruf mit der Hiobsbotschaft: Alle bewohnten Inseln sind wegen Cholera im Zwischenstop-Land Ceylon für Touristen gesperrt, Zugang nur nach einwöchiger Quarantäne auf einer Touristeninsel. So landete ich auf Lohifushi, einer Insel von 400 Meter Durchmesser, mit einem Restaurant, einer Tauchstation und einigen Hütten mit fließendem Salz(!)wasser.

Schon der Anflug war spektakulär: Vor der Landung auf der ins Meer aufgeschütteten Landebahn vor der Hauptinsel Male dreht der Jet eine flache Runde über die umliegenden Farus, die kleinen Riffringe, die das Nord-Male-Atoll bilden, und offenbart Idylle pur: blaues Meer, weiße Strände mit wiegenden Palmen, winzigen Inseln wie Perlen auf einer Kette, dazwischen weiße Segel.

Kaum gelandet, wird das Gepäck untersucht. Viele Dinge dürfen auf die Inseln - Staatsreligion Islam -  nicht mitgebracht werden: Pornografie (z.B. die "Neue Revue"), gefährliche Tiere, Schweinefleisch und Kondome. Anschließend geht es mit einem motorisierten Dhoni auf die Insel Lohifushi. Auf dem Weg kreuzen fliegende Fische unsere Bahn und das erste Tier, das ich im Wasser sehe, ist ein kleiner Riffhai, der dem Boot den Anlegeplatz streitig macht. Die Insel ist zu dieser Zeit eine reine Taucherinsel, Pauschaltouristen "Typ Neckermann" gibt`s noch keine. Unterbringung und Verpflegung sind recht einfach, der gesamte Eindruck aber einfach eine Postkartenidylle. Das Meer entschädigt natürlich für alles. Von der Hängematte aus geht's in wenigen Schritten über weißen Korallensand in die flache Lagune. Man zieht Flossen, Brille und Schnorchel an und gleitet hundert Meter im warmen Wasser über weißen Sandboden, scheucht gelegentlich eine Grundel oder einen Rochen auf und kommt allmählich in 2 bis 3 Meter tiefes Wasser mit Korallenblöcken, besiedelt von kleinen farbenfrohen Fischen. Das Wasser wird allmählich tiefer, die Korallen dichter und schließlich bricht das Riff nach unten ab, man gleitet unversehens ins unendliche Blau. Dieser "Flug" über die Riffkante ist spektakulär. Plötzlich schwebt man neben großen Riffbarschen, wird von einem Schwarm Nashornfischen oder Stachelmakrelen überholt. Wohin man auch schaut: unzählige Korallenfische in allen Farben. Tief unter sich in 20 oder 30 Metern erkennt man noch große, dunkle Schatten, die Angst einflößen.


Begegnungen mit Haien werden den Tauchern auf den Malediven garantiert und auch als Schnorchler kann man davon ausgehen, diesen eleganten, aber scheuen Tieren zu begegnen. Ich erinnere mich gut an meinen ersten Grauen Riffhai. Ich schwamm an der Riffkante entlang und bemerkte schräg hinter mir einen Schatten. Schon das Drehen des Kopfes veranlasste das fast drei Meter große Tier mit einem einzigen Schlag der Schwanzflosse dicht an mir vorbei ins Blau zu schießen. Ich bin mehrfach Riffhaien begegnet, habe Muränen gestreichelt und mit Respekt Abstand von den suppenschüsselgroßen Mördermuscheln gehalten. Berührt man diese, schließen sie blitzschnell die Schalen und klemmen alles ein, was sich dazwischen befindet. Ein entsprechender Test hat mich mein Tauchermesser gekostet. Einen besonderen Freund hatte ich auf der Einheimischeninsel Tulusdhu, er hat mich für das recht zertrümmerte Hausriff der Insel entschädigt: Kaum war ich mit dem Schnorchel im Wasser, tauchte zuverlässig ein Schwarzspitzenhai auf, den die Brandung in die Lagune gespült hatte, umkreiste mich in ein bis zwei Metern Entfernung und verschwand wieder. Es ist übrigens erstaunlich, wie schnell Haie wachsen. Das etwa einen Meter lange Jungtier hatte bis zu meiner Rückkehr ins heimatliche Stammlokal, also binnen einer Woche, die stattliche Größe von drei Metern erreicht.




Nach einer Woche Touristeninsel ging's auf das benachbarte Tulusdhu. Ich wurde vom gesamten Dorf, etwa 400 Köpfen, empfangen, schließlich war ich erst der dritte Europäer, der die Insel besuchte. Entsprechend groß war das anfängliche Interesse der Bewohner, die Neugierde legte sich aber bald. Dennoch wurde man gerne herumgeführt und in die Hütten und einfachen Häuser eingeladen.

Ich wohnte natürlich im ersten Haus am Platz und genoss Luxus pur. Mein Vermieter besaß ein aus Korallenschutt gemauertes Haus mit vier Räumen (für Frau und sieben Kinder!), eine "Toilette" (wohin das Loch auch immer geführt haben mag), einen Generator und einen Fernseher. Letzterer bescherte mir ein ganz besonderes Inselerlebnis. Ich höre am Sonntagabend ein verhaltenes Gemurmel und plötzlich eine mir wohlbekannte Melodie. Als ich in den Hinterhof trete, sitzt dort das ganze Dorf auf seinen Sandalen am Boden und glotzt gespannt auf eine 35-cm-Bildschirmdiagonale.Von dort grinst mir J.R.Ewing, Oberfiesling aus "Dallas", der Mutter aller Seifenopern entgegen. Natürlich unsynchronisiert und ohne Untertitel, alle Kuss- und Bettszenen abgedunkelt. Als Pamela in den Sonnenuntergang reitet, deutet mein Vermieter auf den Gaul und fragt: "Big fisch good eating?" Das offenbart eine Eigenheit des Divehi. Da die Inseln, die alle maximal einige Meter über den Meeresspiegel ragen und in einer halben Stunde zu umrunden sind, viele Dinge nicht beherbergen, die für Festlandbewohner selbstverständlich sind, fehlen der Landessprache Begriffe für Berge, Seen oder Flüsse, für Hunde (gelten als gefährlich und sind verboten), Kühe oder Pferde, folglich ist da auch nichts, was man ins Englische übersetzt. Importierte Rindfleischkonserven werden übrigens als kurumass, als "Hörnerfisch" bezeichnet.



Viele der älteren Bewohner von Tulusdhu hatten zu meiner Zeit übrigens die winzige Insel noch nie verlassen, benutzten keine Toilette (Männer scharrten ihr Loch am Nordstrand, Frauen am Südstrand, was Morgenspaziergänge zur Peinlichkeit werden ließen) und keine Elektrogeräte. Der Staat mit Sitz in der UNO besaß zwar ein Bröckchen Mondgestein, hatte aber damals noch keinen eigenen Zahnarzt. Der wurde monatlich aus Ceylon eingeflogen.

Diese Woche unter Einheimischen zu leben - ich hatte auch noch das Glück den Fastenmonat Ramadan zu erwischen - hat mich nachhaltig geprägt und als "Initialzündung" meine persönliche Entwicklung und meine Lebensauffassung beeinflusst.


Indonesien 1983

Top-Act der Malediven war natürlich die Begegnung mit Haien. Für das nächste Jahr hatte ich mir schon bald ein Highlight ausgesucht. Ich wollte die größte an Land lebende Echse, den Komodo-Waran sehen. Schon als Kind hatte ich John Hagenbecks Geschichte "Im Busch lauert ein Drache" gelesen, der von einer Begegnung mit diesen erst seit 1912 bekannten Tieren berichtet.
Erste Station der Reise war die Insel Bali. Während das restliche Indonesien islamisch ist, hat sich auf Bali der ursprüngliche Hinduismus erhalten, aber in einer sich doch stark vom indischen Ursprung unterscheidenden Form ohne Kastenwesen. Während der friedlichen Islamisierung des Archipels haben sich viele Künstler an den balinesischen Königshof geflüchtet. Der Islam verbietet Abbilder von Menschen, Göttern und Tieren, so dass die darstellende Kunst zu einer recht brotlosen Sache für Indonesier wurde, die Insel Bali machte es aber zum künstlerischen Zentrum Südostasiens. Noch heute findet man an jeder Ecke bunte Batikstoffe, Holzskulpturen und Malereien. Oft sind Figuren aus dem Ramayana dargestellt. Fast in jedem Tempel werden farbenfrohe Szenen aus diesem indischen Heldenepos um die Entführung der schönen Sita und ihre Errettung durch Prinz Rama und den Affengott Hanuman aufgeführt. In der balinesische Version taucht ein drachenartiges Fabeltier auf, der Barong. Sicher eines der am häufigsten fotografierten Motive auf Bali. Meine Touren auf der Insel führten mich unter anderem zur Fledermaushöhle Goa Lawah und an den Fuß des Vulkans Gunung Agung.



Mit einer kleinen Propellermaschine ging's von Bali an die Nordküste von Sumbawa und von dort mit dem Taxi über die gesamte Insel in den ärmlichen Hafenort Sape, wo ich auf Reisende mit gleichem Ziel stieß. Das wöchentlich verkehrende Postschiff brachte uns - die Schweizer Benz  und Lisa, den Indonesier Santos und mich - dann zur Insel Komodo (390 qkm, 2000 Einwohner). Hier kamen wir in der Lodge des neu gegründeten Nationalparks unter. An zweiten Tag ging´s schon in den Busch zu den Waranen. Wir hatten von einem Journalisten den Rest einer Ziege gekauft, um die Warane anzulocken und wurden von zwei Rangern begleitet. Nachdem wir die halbe Ziege von einer trockenen Uferböschung herabgelassen hatten, ließen die Tiere nicht lange auf sich warten. Zunächst zeigten sich einige Jungtiere und ein Wildschwein und wir wagten es, nahe an den Fraßplatz heranzuschleichen. Die panische Flucht des Ferkels ließ uns größeres erwarten und wir zogen uns schleunigst auf die Böschung zurück. Tatsächlich tauchte bald ein kapitaler Waran von etwa 90 kg auf. Er räumte, obwohl unverkennbar vollgefressen vom Vortag, relativ schnell mit dem Ziegenkadaver auf.  Der Schädel mit den Hörnern verschwand im Ganzen im Rachen des Tieres.


Zur Hauptbeute des Warans sollen ausgestorbene Zwergelefanten gehört haben. Heute sind es Timorhirsche und Wildschweine und gelegentlich geraubte Ziegen. Die Warane können große Beutetiere nicht sofort töten. Früher glaubte man, die Echse infiziere als Aasfresser über ihren bakterienverseuchten Mundspeichel das Opfer, seit 2009 ist aber bekannt, dass der Unterkiefer eine Giftdrüse enthält, die zwischen den Zähnen mündet. Das Gift versetzt die Opfer in einen lähmenden und letztendlich tödlichen Schockzustand. Gelegentlich kommen auch Menschen durch Warane zu Schaden.  1974 verschwand ein schweizer Tourist auf Komodo, verbürgte Todesfälle durch Waranangriffe gab es aber nur zwei.
Die Natur auf Komodo und den umliegenden Inseln unterscheidet sich stark von der auf Bali. Zwischen Bali und Lombok verläuft die nach dem Naturforscher benannte Wallace-Linie, die den asiatischen Lebensraum von der australischen Flora und Fauna trennt. Komodo liegt östlich der Linie und ist entsprechend durch australische Merkmale geprägt. Die Insel ist unbewaldet und trocken, in ihrer Geschichte wurde oft von Wilderern, die den Hirschen nachstellten, Feuer gelegt. Auf Komodo, Flores und einigen kleineren Inseln gibt es heute ca. 5000 Komodowarane. Das Gebiet ist übrigens auch ein fantastisches, aber schwer erreichbares Tauchrevier.

Normalerweise hätten wir eine Woche auf Komodo bleiben müssen. Glücklicherweise bot sich aber schon am nächsten Tag eine Mitfahrgelegenheit auf einem vollbesetzten einheimischen Katamaran vom nahen Dorf  nach Flores, wo wir das Postschiff einholten. Die Tagestour war anstrengend und spannend: Wir verbrachten die Zeit auf hoher See unter anderem mit Angeln und der mehrfachen Reparatur des Außenborders.

Immerhin hatte ich viel Zeit gewonnen und konnte noch zwei volle Wochen in Indonesien verbringen. Java (Jakarta und Yogjakarta) war die erste Station, mit Bahn und Fähre ging's nach Sumatra, zunächst nach Palembang. Der Ort hat etwas von einer Goldgräberstadt (mit allen nachteiligen Erscheinungen), allerdings wird dort Erdöl gefördert. So war ich froh, am nächsten Abend Padang zu erreichen mit Endziel Bukittinggi im Hochland der Minangkabau. Dort angekommen, musste ich feststellen, das ich die spannende, aber aufreibende Tour von 3 Tagen umsonst gemacht hatte. Ich wollte die Rafflesia, die größte Blume der Welt im Dschungel finden, die Führer versicherten mir aber, sie blühe derzeit nicht. Eine nette Begegnung hatte ich noch am Rande: Mitten im Busch treffe ich auf der Hängebrücke über den Sianok-Canyon einen Weißen. Ihn in Englisch anzusprechen scheitert, er zuckt nur mit den Schultern und antwortet in seiner Landessprache, worauf ich mit den Schultern zucke. Sein zweiter Versuch kommt dann aber doch bei mir an: "Gäh, verschtoascht wirklich koa deitsch?". Der nette Bayer, mit dem ich mich noch lange auf der schwankenden Hängebrücke unterhalten habe - mehr schlecht als recht - , war schon Monate in Asien unterwegs, ohne ein Wort englisch zu sprechen und auch - er mag's verzeihen - ohne ein Wort deutsch.

Zurück habe ich mir dann einen Flug geleistet und noch einige Tage im Wisma Delima, der weltbekannten Jugendherberge von Jakarta verbracht -  in einem fensterlosen Verschlag unter der Treppe! Hier laufen alle Globetrotter aus Südostasien zusammen, eine Nachrichtenwand voller Zettel kündet davon: "Hallo Frank P. aus O. Habe Lisa getroffen und bin noch nach Singapore, komme frühstens am 25. zurück. Gruß Peter". Als ich abends an der Bar sitze, spricht mich einer an: "Und, hat Komodo geklappt?" Der Kerl war mit mir in Frankfurt in den Flieger gestiegen und wollte eigentlich nach Burma, war aber dann doch lieber auf die Philippinen und wollte zum Abschluss mal noch schnell nach Thailand. Die große Welt ist im Schrumpfen begriffen!


Sri Lanka 1984

Die erste Tour mit Karin! Sie schwärmt noch heute vom Kulturschock: Angekommen in Colombo nach einem anstrengenden Flug, hatten wir im klimatisierten, recht menschenleeren Flughafen unsere Rucksäcke über den Rücken geworfen und strebten dem Ausgang zu, öffnen die Tür und prallen gegen eine Wand aus Lärm,  feuchter Hitze, Händen, Gesichtern... versuchen, uns die Rucksäcke nicht vom Rücken reißen zu lassen und landen schließlich in einem Sammeltaxi nach Negombo. Der Fahrer bringt uns in eine sehr bescheidene Unterkunft. Der Schock dieser vielen intensiven Eindrücke lähmt uns für lange Zeit: erst eine halbe Stunde später stehen wir am Landungsplatz der Fischer zwischen Menschengewühl und Fischgewimmel.

Die Reise durch Sri Lanka bleibt abenteuerlich. Wir bummelen - immer in lokalen Transportmitteln - über Colombo und Bentota nach Galle, sind begeistert vom kolonialen Flair der Festungsstadt, folgen aber einem echten Geheimtip und landen in der kleinen Bucht von Unawatuna, damals noch ein malerischer Globetrottertreff. Immer weiter an der rauhen Ostküste entlang geht´s nach Trincomalee und den endlosen, einsamen Strand von Nilaveli. Weiter nach Norden trauen wir uns nicht, die Provinz Jaffna ist wieder sehr unruhig, Die  Minderheit der hinduistischen Tamilen kämpft hier um die Unabhängigkeit vom buddhistischen Rest Sri Lankas. Wir vertreiben uns die Zeit mit Elefantensafaris und Schnorcheln.


Mit Bus und Bahn - schon ein Abenteuer für sich - bereisen wir das Landesinnere: Kandy, das kühlere Hochland Nuwara Eliya mit den Teeanbaugebieten, Wandern über die nebligen Horten-Plains zum Worlds End. Das war damals eine gespaltene Steinplatte mitten im Nebelwald, auf die man sich breitbeinig stellen konnte, um zwischen den Füßen 1300 Meter in die Tiefe zu schauen. Heute ist das ganze schön sauber betoniert.




Unsere Reise durch das ehemalige Ceylon war auch ein kulinarisches Abenteuer. Unzählige unbekannte Früchte, Fisch und Langusten, Snacks und Gebäck, farbstoffstrotzende Getränke und Süßkram, Egg-hoppers und "Woddy-Woddys" - noch heute hören wir den Ruf des Verkäufers im Zug. Und dann die berühmte Reistafel! Das ist ein großer Topf Reis mit einem Dutzend kleiner Schalen drumherum: Chilies mit einem Stückchen Fisch, Chilies mit einem Spalt Kartoffeln, Chilies mit etwas Rindfleisch ... Essen kann schmerzhaft sein. An beiden Enden!





Kenia 1985



Schon der Flug mit Kenya-Airways war spannend. Die Maschine klapperte und Wasser tropfte von der Decke, verdächtigerweise klatschten  einige Afrikaner schon nach dem gelungenen Start. In Nairobi angekommen bemerken wir eine allgemeine Unruhe: Bettler und und Prostituierte werden brutal in Polizeiautos verfrachtet, die Preise der Hotels liegen deutlich über unseren Erwartungen, Zimmer sind kaum zu haben. Des Rätsels Lösung: Nairobi putzt sich heraus für die in einigen Tagen beginnende Weltfrauenkonferenz.

Nairobi wurde erst 1896 gegründet und entstand aus einem Versorgungslager der englischen Kolonialherren beim Bau der Uganda-Bahn. In diesem Zusammenhang sind auch viele Arbeitskräfte und Soldaten aus der ebenfalls englischen Kolonie Indien nach Kenia gekommen. Sie prägen noch heute als Geschäftsleute das Bild Nairobis. Das es sich vornehmlich um Sikhs handelt - die Bärtigen mit dem Turban - fallen sie besonders auf. Sikhs sind ein groß gewachsener, stolzer, wehrhafter Menschenschlag, stets ordentlich gekleidet, sauber, enthaltsam, mit akkurat gestutztem Bart. Das verlangt ihre Religion ebenso wie das Streben nach materiellem Wohlstand. Die Männer tragen alle den Nachnamen Singh, ein Ehrenname: Der Löwe!

Nairobi haben wir nach wenigen Tagen mit einem Geländewagen Richtung Nakuru-See verlassen. Die Asphaltstraße weicht schnell einer üblen Piste und wir kommen nur langsam voran. Millionen Flamingos am flachen Nakuru-See, Pelikane, Ried- und Wasserböcke, Seeadler, Affen sehen wir. Der See ist ein Naturspektakel, das die Afrikareise schon alleine lohnenswert gemacht hat. Am nächsten Tag geht´s weiter ins Massai-Mara-Reservat. Das Mittagessen in der Lehmhütte in Narok, zwischen LKW-Fahrern und alten Massai-Kriegern werde ich niemals im Leben vergessen. (Mein Gaumen auch nicht!) Erst spät abends kommen wir in der Mara-River-Lodge an, einem sündhaft teuren Zelt-Hotel, wo uns Löwengebrüll und Kroko-Geplansche im nahen Fluss den Schlaf rauben. Der nächste Tag zählt eigentlich schon zur Rückfahrt: Im großen Bogen  durchfahren wir Massai-Mara und begegnen fast allen vorkommenden Großtierarten. Lediglich Leopard und Nashorn zeigen sich nicht. Wir fotografieren ständig, von  Zebras haben wir am Ende aber kein vernünftiges Foto. Sie sind so allgegenwärtig, dass man sie übersieht, wie man in einem Wald vergisst, Bäume zu fotografieren. Abends kommen wir todmüde in Nairobi an, bemerken Straßensperren und werden auch angehalten, einmal kommen wir ohne Schmiergeld nicht aus der Affäre.

Am nächsten Morgen herrscht deutliche Unruhe in der Stadt. Man tuschelt mit uns, will Geld für die Flucht. Langsam kommen wir dahinter, dass im Nachbarland Uganda etwas geschehen sein muss, was die Bettler und Kleinkriminellen sofort für ihr Trick-Repertoire nutzen. Zwei Tage zuvor war Milton Obote durch einen Putsch entmachtet worden, viele Menschen versuchten daraufhin, nach Kenia zu flüchten.




Wenige Tage später geht´s mit dem Zug nach Mombasa. Zu viert im Schlafabteil, nach Geschlechtern getrennt. Da macht man sich schon Gedanken, welchen Virus der hustende Bettnachbar hat. In der Stadt kommen wir in einem schönen, alten Kolonialhotel unter, ziehen aber bald in ein Touristenhotel am Strand um. Mit dem Bus fahren wir an der Küste entlang nach Malindi. Beide Städte haben arabischen Einfluss, viele Bewohner sind Muslime. Malindi selbst ist ein wenig attraktiver Ort, wir flüchten deshalb für die letzen Urlaubstage in das Driftwood-Hotel beim Watamu-Meeresnationalpark und verbringen unsere Zeit an Strand und Korallenriff. Einen Tag vor dem Rückflug sehen wir auch unser Nashorn noch - direkt vor den Toren der Stadt im Nairobi-Nationalpark.


Thailand und Malaysia 1987

Bei der Zugfahrt durch Südsumatra vier Jahre zuvor hatte ich immer sehnsuchtsvoll die entfernte grüne Kulisse des Regenwaldes betrachtet. So nah, und doch unerreichbar! Schon damals war klar, dass ich irgendwann einmal mitten in der "Grünen Hölle" stehen möchte. Verwirklicht haben wir dies in Malaysia, zusammen mit unseren bis dahin reiseunerfahrenen Freunden Andrea uns Stefan. Der Flug ging mit der "Königlich-Jordanischen" nach Kuala Lumpur - in einer sargschwarzen DC 10 mit goldenen Schriftzeichen!
In der Hauptstadt Malaysias kommen wir in einem kleinen Hotel unter. Es ist Regenzeit, der allmittagliche, kurze Regenguss überflutet in wenigen Minuten alle Straßen. Unter unserer Dusche bleibt man trockener!

Schon am dritten Tag nehmen wir die Planung unserer Dschungelexpedition in Angriff. Irgendjemand kommt auf die absolut hirnrissige Idee, unseren Hotelportier danach zu fragen. Der ruft uns ein Taxi und sagt dem Fahrer das Ziel: National Park Office. Dort fragen wir zaghaft, wann und wie wir in den Taman Negara Nationalpark kommen können. "Tomorrownineo'clockinfrontoftheofficefiftydollarsplease!" und - schwupp- sitzen wir schon wieder im Taxi! Mit Bus und Langboot sind wir den ganzen nächsten Tag unterwegs und erreichen abends die kleine Parkstation im Taman Negara. Schon kurz vor Mittag hatten wir die Zivilisation hinter uns gelassen. Wir beziehen eine kleine Doppelhütte und gehen noch am selben Abend auf einen nahen Hochsitz. Das Erlebnis ist überwältigend: hunderte verschiedener Tierstimmen veranstalten ein nächtliches Konzert, das mir als unvergessliches Naturerlebnis bis heute in Erinnerung ist. Tiere sehen wir nicht, die halten sich alle vor unser Hütte auf: Wildschweine und Rusa-Hirsche plündern unsere Mülltonne. Überall in den Bäumen zirpt, summt und brummt es. Mit der Taschenlampe scheuchen wir Schlangen, Fledermäuse und unzählige, oft riesige Insekten auf.
Am nächsten Tag geht's auf leidlich freigeschlagenen Pfaden allein durch den Dschungel, nur selten öffnet sich der Blick zum Flussufer. Alles was wir sehen ist erdrückend grün und kommt uns bedrückend nahe. Die riesenhaften Bäume können wir nur aufgrund ihrer Brettwurzeln erahnen, auch der Blick nach oben verfängt sich nach wenigen Metern im Blättergewirr, zum Fotografieren brauchen wir Blitzlicht. Und wieder die Stimmen des Dschungels! Wir sind wahrhaftig mittendrin! Ausgerechnet an diesem Tag regnet es nicht, dabei hätte ich doch so gerne nach meiner Rückkehr die Narbe eines Blutegels herumgezeigt.

Zurück in Kuala Lumpur planen wir unsere Weiterfahrt. Die Stadt selbst ist modern und piksauber, sofern man nicht über die kleine Brücke auf den chinesischen Markt geht. Dort bricht schlagartig "Asien" über uns herein: Gestank, Tierblut, nackte Kinder, Opiumleichen  und kulinarische Herausforderungen. Im Bahnhof - das schneeweiße, saubere Gebäude hatten wir für eine Moschee gehalten -  lösen wir ein Ticket für die Fahrt zur  Halbinsel Penang. Nur zweiter Klasse, denn die Züge sollen europäischem Standard entsprechen. Als wir die Wagontür öffnen, bricht wieder "Asien" über uns herein, mit aller Macht: Menschen, Ziegen, Hühner, Obstkörbe - komprimiert wie Sardinen in der Büchse. Und wir sind wieder wahrhaftig mittendrin.

Am nächsten Morgen erreichen wir die Insel Penang. Der riesige Bootssteg an der Fähre, versinkt wenige Wochen nach unserem Besuch mit Mann und Maus im Meer. Nach einigen Tagen geht's mit dem Taxi über die thailändische Grenze und mit einem Mietwagen quer durch den Südzipfel von Siam zur Halbinsel Phuket. Unser Fahrer weigert sich sich vehement, in diesem Gebiet ein P-Pause zu machen. Als wir ihn dann doch nötigen, an einer Bretterbude in den schier endlosen Kautschukplantagen anzuhalten, wissen wir auch bald warum: Jeder der Gäste trägt etwas mit sich herum, nichts davon ist unter Kaliber 38! Wir sind im dünn besiedelten "Wilden Westen" Thailands. Phuket, wenn auch damals schon vom Sex-Tourismus geprägt, ist ein angenehmer Ort zum Ausruhen mit einer sehenswerten Felslandschaft im Meer, der Bucht von Phang Nga. Sie diente als Kulisse für einen James-Bond-Film und wird seit dem von Touristenscharen überrannt.  Bald treibt uns die Langeweile aber wieder quer über den Landzipfel nach Ko Samui, damals noch ein Geheimtipp, und weiter nach Bangkok. Am berüchtigten Strand von Pattaya verbringen wir die restlichen Tage.


Norwegen und Schweden 1986


Eine Bahnreise zu den Moschusochsen und zum Kanufahren auf der schwedischen Seenplatte war abenteuerlich, die Begeisterung für den kargen, einsamen  Norden konnte ich bei Karin nicht wecken.
Deshalb gönnten wir uns noch eine kleine Pauschalreise:



Tunesien 1986

Wir hatten uns für die 10 Tage fest vorgenommen
a) im Hotelzimmer Ordnung zu halten und
b) Hotel und Strand nicht zu verlassen.
Zwei Stunden, nachdem wir die Koffer ausgepackt hatten, kamen wir zu dem Schluss, dass es auf dem Kamelmarkt von Sousse wohnlicher sein dürfte. Da wir- unter dem Kopfschütteln anderer Hotelgäste - stets auf dem Markt oder im Basar aßen, blieben wir von der Diarrhoe-Epedemie im Hotel verschont. Auch dies eine prägende Erfahrung.




Am 8.8.88 beginnt nach monatelanger spannender Vorbereitung das größte Abenteuer meines Lebens: fast ein viertel Jahrhundert mehr oder minder orientierungsloses Kreuzen auf stürmischer, aufgewühlter See. Wer zwei Töchter durch Kindheit und Pubertät bringt, braucht weiß Gott keine weiteren Abenteuer, nur noch Erholungsurlaub in Hotels - die Älteste lernt auf der Blumeninsel Madeira laufen - , im Wohnwagen und am Strand, in Frankreich, Italien und Kroatien.


Aber bald ....




Keine Ahnung ...


... warum unsere Gäste nicht zum Essen geblieben sind.

Selbst meine Familie verzehrt doch mittlerweile einen Teil meiner Beute, obwohl ich wirklich kein Pilz-Experte bin. Von den etwa 5000 Pilzarten in Mitteleuropa, die ich ohne Brille sehen kann,  kenne ich vielleicht mal gerade 100 oder 150. Genau wie bei meinen Mitmenschen erinnere ich mich aber nicht an jeden Namen.

Bei allem Vertrauen in meine bescheidenen Kenntnisse: Sich eine halbe Stunde nach der Mahlzeit gekrümmt den Bauch zu halten - dieser uralte Pilzsammler-Gag funktioniert bei meiner Familie auch in der x-ten Wiederholung noch!

Manchmal wird Essen für unsere Gäste zum Abenteuer. Wir bieten auch schon mal skurrile Dinge an:


Insekten in der Küche

Das ist nicht so exotisch, wie man allgemein annimmt. Auch in Deutschland hat man früher bekanntermaßen die Engerlinge des Maikäfers ausgegraben und - in welcher Zubereitung auch immer - gegessen. Manche Leute behaupten, es sei zoologisch nichts anderes als Shrimps und müsse auch so schmecken. Diese Leute haben nie Insekten gegessen. In der Survival-Literatur heißt es "All insects are eatable". Das stimmt, wenn sie erst einmal zubreitet sind. Bis dahin stechen, beißen und kratzen sie, verspritzen Säure und ekelerregende Abwehrsekrete, werfen mit Schuppen und Brennharen um sich, sehen schrecklich aus und bringen einen in 80 % der Fälle mit der Bundesartenschutzverordnung in Konflikt. Wildfänge sind zudem für den Anfänger unkalkulierbar und unergiebig - von einigen Ausnahmen abgesehen. Also sollte man auf gezüchtete Ware zurückgreifen.


Man kann diese getrost in der Zoohandlung kaufen. Züchter, die behaupten für kulinarische Zwecke zu züchten, lügen. Damit ist kein Geschäft zu machen. Zuchtinsekten dienen als Reptilienfutter. Kauft man in der Zoohandlung, sollte man den Zeitpunkt der nächsten Lieferung erfragen, damit die Tiere frisch sind. Stehen nur noch wenige Plastikbehälter dort, ist die Lieferung schon älter, meist finden sich in den Packungen auch tote Tiere und viel Kot.

Bestellt man direkt beim Züchter im Internet (z.B. Futtertierversand Hintze) hat man größere Auswahl, aber das ist für den Anfänger vielleicht nicht so wichtig. In den Zoohandlungen erhält man verschiedene Grillenarten, Wanderheuschrecken verschiedener Größe und große und kleine Mehlwürmer.

Dem Anfänger empfehle ich Wanderheuschrecken mittlerer Größe. Die sehen hübsch aus, sind wunderschön gefärbt und der Happen ist nicht allzu groß. Grillen haben einen weichen Hinterleib und sind im Biss etwas matschig. Super sind Mehlwürmer, und zwar die großen Zophobas. Diese Käferlarven sind sehr fest und wohlschmeckend. Soweit ich das beurteilen kann. Ich kann sie nämlich nicht essen, da ich hochgradig allergisch reagiere. Ich brauche sie nur anzuschauen und habe schon tagelang dicke Augen. Der Versuch, auch nur einen einzigen zu essen, hat mich fast ins Krankenhaus gebracht (O-Ton meiner Tochter bei der Heimkehr meiner Frau: "Guck´dir das verquollene Gesicht von dem Blödman an, fünf Kalzium hat er schon,und es wird nicht besser!"). Diese Allergie kann aber nicht sehr verbreitet sein, in der umfangreichen Terrarienliteratur, die ich gelesen habe, habe ich nie einen Hinweis auf einen ähnlichen Fall gefunden.

Was nun tun mit den netten Tierchen? Die Wanderheuschrecken kann man einen Tag lang mit frischem Basilikum füttern. Das ändert zwar nichts am Geschmack, setzt die Ekelschwelle aber deutlich herab. Auch wenn man die Tiere einige Zeit beobachtet, werden sie sympathischer und die kulinarische Vorfreude wächst vielleicht.

Um die Tiere zu töten, friert man sie ein. Dies ist die humanste und allgemein empfohlene Art, wechselwarme Tiere zu töten. Alles andere funktioniert nicht: Man schafft es nicht, lebende Heuschrecken aus der Plastikkiste in die Bratpfanne zu befördern, ohne die Küche dabei buchstäblich zu beleben. Vor der Zubereitung bricht man den gefrorenen Tieren die Beine ab, bei den älteren Tieren auch die Flügel (Nur ausgewachsene Tiere haben Flügel.) Meine Frau entfernt auch die Köpfe, sie mag kein Hirn!

Die so vorbereiteten Tiere werden in eine heiße Pfanne mit Fett geworfen. Dabei dehnen sie sich um die Hälfte aus, ein Zeichen, daß das Fett ausreichend heiß ist und das Tierchen gar wird. Das Ganze dauert 30 Sekunden. Man läßt das Fett auf Küchenpapier abtropfen und würzt das Tier nach Belieben mit Salz oder der Lieblingsgewürzmischung. Man sollte ein gutes Öl oder Butter zur Zubereitung verwenden, da viel Fett im Chitinpanzer hängen bleibt und den Geschmack entscheidend mitbestimmt. Insofern empfehle ich auch, die Tiere warm zu essen.

Oft wird empfohlen, die Tiere vorher zu kochen, um sie weicher zu machen. Der Chitinpanzer ist aber so widerstandsfähig, daß dies keinen nennenswerten Unterschied macht. Deshalb auch die Empfehlung, die Beine abzubrechen, sie lassen sich kaum zerkauen und kratzen schrecklich im Hals. Man kann die Heuschrecken auch aufspießen und grillen, muß sie dann aber reichlich mit Öl einpinseln, sonst werden sie trocken und strohig.

Was könnte man noch essen? Die Zoohandlungen bieten riesige Fauchschaben, Rosenkäferlarven (richtige Brummer), Wachsmaden und noch maches andere an. Rosenkäferlarven leben in der Erde, ihr Darm ist mit Erde gefüllt, was nicht unbedingt ein Hochgenuß ist. Generell schmecken Insekten nach dem Substrat, in dem sie leben: Die Larven des Fichtenbockkäfers schmecken anders als die des Erlenbocks. Libellenlarven schmecken folgerichtig nach Schlamm, wohingegen die Libelle selbst eine Delikatesse sein soll. Zum Essen sind mir diese Tiere aber doch zu schade und es verstößt natürlich gegen unsere strenge Naturschutzgesetzgebung. Ergiebige Beutezüge kann man bei der Vernichtung von Wespennestern machen. Die Puppen in den gedeckelten Waben sind vorzüglich. Generell sind Larven und Puppen angenehmer, da sie keinen so ausgeprägten Panzer haben. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit Kellerasseln gemacht, die sich leicht in großer Zahl sammeln lassen. Dabei handelt es sich aber nicht um Insekten, sondern um Krebse! Auch Skorpione und Vogelspinnen gelten als Delikatesse, sind in unseren Breiten zum Verzehr aber viel zu teuer. Skorpione gibt´s - neben Seidenraupen, Mistkäfern und Ameisen - verzehrfertig bei Braidy-Snacks.



Tausendjährige Eier

Seit ich einer befreundeten Mutter erklärt hatte, die Touren, die ich für Jugendliche veranstalte, seien nichts für ihren Sprössling, stand ich latent in der Schusslinie und wurde regelmäßig mit meinen Survival-Sachen gefoppt. Höhepunkt war ein grauenvolles Geburtstagsgeschenk: Eine Fläschlein Mescal mit einer Made darin. Das wirklich schreckliche war der Mescal. Es ist der billigste Fusel, der in Südamerika gebrannt wird, angeblich aus einer Agave, aber ich bin mir sicher, es sind Gummireifen und alte Schuhsohlen. Der Wurm tauchte übrigens 1950 als Werbegag einer Brennerei erstmals auf. Ich habe ihr einige Wochen später auch ein Geschenk machen dürfen, schön verpackt in einer bunten Teedose. Ein Jahr später bringt ihr Mann am Geburtstag mit dem Wein angeekelt die stinkende Teedose wieder aus dem Keller mit. Unsere feige Freundin hatte sich nicht mal getraut, die Dose zu öffnen.
Dabei befand sich darin eine sehr ausgefallene, selten erhältliche Spezialität, ein Tausendjähriges Ei.

Tausendjährige Eier sind Enteneier, die einige Wochen in Schlamm und Holzasche eingegraben werden. Das Eiweiß fermentiert dabei, ähnlich wie bei der Käseerzeugung. Öffnet man das unansehnliche Ei, schlägt einem ein unangenehmer Ammoniak-Geruch entgegen, weshalb die Thai sie liebevoll Pferdepisse-Eier nennen. Beim ersten Versuch sollte man nun nicht mit geschlossenen Augen herzhaft hineinbeißen, wie ich es getan habe. Besser schneidet man das Ei in dünne Scheiben, läßt es einige Zeit lüften und serviert es auf frischem Toast. Der Anblick ist gewöhnungsbedürftig: Das Eiweiß ist ein sehr fester, schwarz-braun durchscheinender Aspik, während das Eigelb die Konsistenz eines grünlich-lila Schmelzkäse hat. Es ist sehr aromatisch, aber sehr gewöhnungsbedürftig. Ich mag eigentlich nur das ehemalige Eigelb. Meinem Schwager als Käseliebhaber hätte ich es problemlos als sehr würzigen Kamel-Camembert untergejubelt.

Eine andere Spezialtät sind Salzeier. Sie werden roh für einige Wochen in eine übersättigte Salzlösung gelegt und anschließend gekocht, sind aber nichts besonderes.Wegen der Vogelgrippe durften Eier zeitweise aus Asien nicht eingeführt werden. Es gibt zwar Anleitungen für Tausendjährige Eier im Internet, die Sache ist aber mühsam und langwierig.


Stinkfrucht

Ich habe mich etliche Jahre mit tropischen Früchten beschäftigt und auch ein Buch darüber geschrieben, das aber nie veröffentlicht wurde, lediglich ein Ableger davon erschien bei Gräfe und Unzer (G+U Kompaß Exotische Früchte). So drehten sich die Gespräche mit meinem Freund F. auch selten um seine Arbeit als Projektprüfer im Entwicklungsdienst, sondern sehr schnell um die Obstsorten, die er im jeweiligen Land vorgefunden hat. Mit großem Bedauern klagt er, daß er noch nie einer Durian, der berüchtigten Stinkfrucht, habhaft werden konnte. Kein Problem: Ich stürze zum Vorratsschrank, reiße eine Dose Stinkfruchtsaft auf und serviere auch noch einige Durian-Bonbons. F. ist verblüfft! Man muß nicht in die Welt hinaus, um Durian zu kaufen, nur nach Idar in den Asia-Shop!

Durian ist eine große, stachelige Baumfrucht von mehreren Kilo Gewicht und besteht zu 70 % aus Schale, dazu kommen 20 % kastanienähnliche Kerne. Wirklich interessant ist der Samenmantel um die Kerne. Es handelt sich um eine weiche, streichkäseartige Masse, die penetrant nach einer Mischung aus faulen Eiern und Limburger Käse riecht. Der Geschmack ist nicht viel anders!  In Asien sind die Früchte ausgesprochen beliebt (sie gelten als Potenzmittel). Da sie nur zu einer bestimmten Zeit reifen, dann aber in Massen geerntet werden, wabert während der Durian-Schwemme ein unerträglicher Duft durch die Märkte Südostasiens. Diese "Stinkbomben" dürfen nicht in Flugzeuge oder Hotels mitgebracht werden und Restaurants haben oft eigene Räume zum Verzehr der Früchte. Auch in Asien, wo beste Mangos nur wenige Cent kosten, bezahlt man für eine Durian schon einige Dollar. Die ersten Früchte, die ich in Deutschland auf dem Markt gesehen habe, kosteten 80 DM. Ich liebe Durian, habe aber einige Zeit gebraucht, mich mit ihnen anzufreunden. Insofern finde ich es toll, daß es seit einigen Jahren im asiatischen Geschäften verschiedene Produkte mit Durian-Aroma gibt: Säfte, Bonbons, Kondome, Speiseeis... Meiner Frau darf ich damit aber nicht zu nahe kommen!

Wie mein damaliger Freund F. (ich hab´ ihn aus den Augen verloren) heute zur Durian steht, weiß ich nicht. Sein Stinkfrucht-Abenteuer hat er mir noch erzählt: "Ich hatte in Vietnam den Kellner des Hotels nach einer Durian gefragt. Obwohl noch keine Saison war, wollte er sein Glück versuchen. Einige Tage später - ich hatte die Sache längst vergessen - wurde ich morgens von einem ekelerregenden Gestank geweckt. Wieder der Kanal, dachte ich. Im Speisesaal bringt mir der Kellner freudestrahlend eine Käseglocke, lupft den Deckel und verkündet stolz: `I brought you a ....`  Das `Durian'  hab ich auf dem Flur schon nicht mehr gehört."



Kochen


Wenn die Zeit es zulässt, koche ich ganz gerne. Sehr zum Leidwesen meiner Kinder, denn ich liebe ausgefallene exotische Gerichte und Zutaten, aber auch die ganz einfachen Rezepte aus aller Welt. Moderne Party-Salate oder sonstiger kulinarischer Schnick-Schnack kommen mir nicht auf den Tisch. Die Rezepte müssen traditionell und authentisch sein. Hinzu kommen eigene Kreationen.
Ich bin ein Freund des intuitiven Kochens. Aus längerer Erfahrung, aber auch aus dem Studium zahlreicher Rezepte entwickelt man mit der Zeit ein Gespür für das, was geschmacklich zusammenpaßt, auch wenn es für orthodoxe Rezeptköche unmöglich erscheint. 
Mehr hierzu bei Bernd kocht!

Intuitives Kochen: Das ist manchmal auch "Kochen für die Tonne" oder es kommt etwas ganz anderes heraus, als geplant war:


Der heilige Krieg der Linsen

Wenn künftig östlich des Bosporus mein Bild direkt neben dem von George Bush hängt, liegt´s an diesem Gericht. Eigentlich sollten es Frikadellen mit Linsen werden, ein Rezept aus dem vorwiegend muslimischen Malaysia.

250 gr. Hackfleisch (Rind, besser Hammel), 125 gr. rote Linsen, 2 gehackte Zwiebeln, 1/4 TL Zimt, 1/4 TL Kardamom, 1 Messerspitze Nelkenpulver, 1 TL Salz, 1/2 TL schwarzer Pfeffer, 1 geschlagenes Ei, Öl (4 Portionen)

Die Linsen werden in 500 ml Wasser gekocht (ich habe Brühe verwendet). Wenn sie weich werden, kommen die Zwiebeln hinzu und das Fleisch. Ich habe in diesem durch und durch muselmanischen Rezept Schweinefleisch verwendet. Von Istanbul bis Rawalpindi war prompt ein Aufschrei zu hören: "Bernd kocht!" (Bei Muslimen ist Schweinefleisch unrein und tabu!)

Allah war erzürnt, die Katastrophe nahm ihren Lauf! Das Gericht sollte einkochen, die Linsen das Wasser aufsaugen. Taten sie aber nicht. Es entstand eine braune Brühe, in der weder Linsen, noch Fleisch zu erkennen waren. Nach 45 Minuten rühren unter ständiger Gefahr des Anbrennens tut sich nichts. Also kippe ich in meiner Verzweiflung noch eine Tasse harte Linsen hinzu, es tut sich aber immer noch nichts. Frikadellen werden daraus nie!

Eine Zutat muss hinein, die das Wasser aufsaugt. Der Ursprung der islamischen Küche - auch im entfernten Malaysia - liegt natürlich auch am Ursprung der Religion im vorderen Orient und ist geprägt von Hülsenfrüchten, Hammelfleisch und den typischen, oft duftenden Gewürzen. Ganz intuitiv paßt in ein solches Rezept kein Maisgries, den man in Südamerika nehmen würde. Passend hingegen ist die im ebenfalls in weiten Teilen islamischen Afrika heimische Hirse. Schneller geht es mit dem Hartweizengries aus der nordafrikanischen Küche, dem Couscous.

Eine Tasse saugt quellend das gesamte Wasser in wenigen Minuten auf und macht aus der schlammigen Brühe einen riesigen Topf voller .... Pampe. Nach Einrühren der Gewürze duftet sie wunderbar .... nach Weihnachtsplätzchen.

Eine halbe Stunde später bin ich pappsatt und kann keine Weihnachtslinsen mehr sehen, so toll schmeckt die die kalte, hieb- und stichfeste Masse mit den roten und gelben Körnchen.

Am nächsten Mittag habe ich erst wieder Lust auf Linsen. Dazu wird das geschlagene Ei untergeknetet, die Masse in kleine, flache Frikadellen geformt und im heißen Öl knusprig ausgebacken.



Hier einige - gelungene - Eigenkreationen:

Mais-Bohnen-Suppe
Die Idee geht auf Isopho, ein Rezept der Xosha in Südafrika zurück, das ich etwas verfeinert habe.

1 Dose Mais, 1 Dose Kidney-Bohnen, 1 Zwiebel, 1 Kartoffel, Instant-Brühe, Curry, Salz,  schwarzer Pfeffer, 100 ml Sahne.

Kleingeschnittene Kartoffel - ich habe eine Pellkartoffel vom Vortag verwendet - mit der gehackten Zwiebel braten, Mais und Bohnen mit der Flüssigkeit zugeben, dazu einen viertel Liter Wasser und zwei TL Brühe. Das Ganze ca 20 Minuten kochen, bis die Bohnen aufplatzen, dann mit dem Mixer pürieren und durch ein Sieb passieren. Bei Bedarf weiteres Wasser zufügen. Mit 1-2 TL Curry, Salz und Pfeffer würzen. Vom Herd nehmen und die Sahne einrühren.

Die Xosha sind ein Stamm in Südafrika, der wegen seiner merkwürdigen Sprache bekannt ist. Sie sprechen mit Klick- und Schnalzlauten, die für europäische Zungen kaum wiederzugeben sind. Wer genau hinhört, kann in Miriam Makebas "PataPata" einen solchen Laut hören (Siehe - nein: höre - Musikempfehlungen im Post "Tanzen") oder noch besser: "The Click-Song"


Steinpilz-Pizza
500 gr. Steinpilze, 1 gehackte kleine Zwiebel, 1 EL tiefgefrorener Schnittlauch, 1/2 EL gefrorenes Basilkum, 1 kleine gehackte Knoblauchzehe, 1/2 Glas getrocknete Tomaten in Öl, 1-2 EL geriebener Parmesan, Salz, Pfeffer, Olivenöl, 2-3 Scheiben roher Schinken, 150 gr. geriebener Emmentaler Käse, Hefeteig (1 Person)
(eigenes Rezept)

Steinpilze putzen und in Scheiben schneiden. Zwiebel in Olivenöl glasig dünsten. Steinpilze hinzufügen und braten, bis alles Wasser verdunstet ist und die Pilze am Pfannenboden haften und braune Krusten bekommen. Ständig rühren. Vom Herd nehmen, Knoblauch, Schnittlauch, Basilikum und Parmesan unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die getrockneten Tomaten mit Küchenpapier vom Öl befreien und kleinschneiden, unter die Pilzmasse mischen.

Während die Pilzmasse abkühlt den Teig im Pizzablech ausbreiten, mit Olivenöl bestreichen. Pilzmasse auf der Pizza verteilen, mit dem kleingezupften Schinken belegen und dem Emmentaler bestreuen und für 20 Minuten ab in den Ofen.

500 gr. Steinpilze pro Person scheint viel. Da Pilze aber viel Wasser enthalten, schrumpfen sie in der Pfanne enorm, insbesondere wenn man sie "trockenbrät". Die Pilzmasse sollte den Pizzaboden aber vollständig bedecken.




Kürbis-Erdnuss-Suppe
800 gr. Kürbis, 3-4 Karotten, 3-4 Kartoffeln, 3/4 Liter Hühnerbrühe, 1 gehackte Zwiebel, 1 zerdrückte Knoblauchzehe, Olivenöl, 75 ml Weißwein, 2 EL ungesüßte Erdnußbutter, 200 ml dicke Kokosmilch, Salz, Pfeffer, 1 TL Kreuzkümmel, 1 EL Sojasoße (Ketjap asin), 1 TL geriebener frischer Ingwer

Die Gemüse schälen und in kleine Stücke schneiden. In einem Topf Öl erhitzen und Zwiebeln mit Knoblauch darin glasig dünsten. Gemüse zugeben, kürz anbraten und dann mit der Hühnerbrühe auffüllen. Kochen, bis das Gemüse weich ist, dann mit dem Mixer pürieren. Dazu den Weiswein, bei Bedarf noch weiteres Wasser zugeben. Die Erdnußbutter untermixen. Man sollte jetzt schon mal kosten, bereits in diesem Zustand hat die Suppe ihren Reiz. Hinzu kommen nun noch die Kokosmilch, Sojasoße, Ingwer, Kreuzkümmel, Salz und Pfeffer. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit habe ich hier sehr vorsichtig gewürzt, um den feinen Kokos-Erdnußgeschmack nicht zu überdecken. Meine Familie hat´s mit Begeisterung gegessen: Das Urteil von Bocuse ist ein Sch... dagegen!



Fisch in Tamarinde
Tamarinde ist ein Baum aus der Familie der Schmetterlingsblüter, also mit den Akazien, den Bohnen und Erbsen verwandt. Die Schoten liefern ein aromatisches, säuerliches Mark. Gute Asia-Läden haben frische Früchte, gepresstes Mark oder fertige Paste. Die Produkte sind lange haltbar. Ich liebe Tamarinden-Konfekt: In Zucker gewälztes Mark, oft noch mit dem Kern. Beim folgenden Rezept geht`s um die Soße, die man über jeden gebackenen Fisch geben kann. Allerdings reicht die Menge nicht, um damit eine Schüssel Reis zu ersäufen, wie der Europäer es gerne tut, sondern die Soße dient als Würze.

3 zerriebene Knoblauchzehen, 3 EL indonesische würzige Sojasoße (Ketjap asin), 1 EL Palmzucker oder brauner Zucker, 2 EL Fischsoße, 4 EL Tamarindenpaste, 1 EL geriebener frischer Ingwer, 3 kleingeschnittene Frühlingszwiebeln, 1 TL Koriander, etwas Sambal Olek (Chilipaste, Vorsicht!), Öl (vorzugsweise braunes Sesamöl) (4-6 Portionen)

Knoblauch in etwas Öl bräunen, alle Soßen, Tamarindenpaste und Zucker zugeben und aufkochen lassen, Frühlingsziebeln und Ingwer zugeben und kurz mitkochen.